Bild für Besuch der szenischen Lesung „Zyklon B“ im Hamburger Rathaus am 26. Januar 2017

Besuch der szenischen Lesung „Zyklon B“ im Hamburger Rathaus am 26. Januar 2017

Am 26. Januar 2017 besuchte der S1-Geschichtskurs des Physikprofils das Dokumentarstück vom Hamburger Künstler und Dramaturgen Michael Batz im Rahmen der Veranstaltungen zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Da das Hansa-Kolleg keine Abendschule ist, konnten wir an der Sonderveranstaltung für Hamburger Schulen teilnehmen und wurden in den großen Festsaal des Hamburger Rathauses eingeladen. Das inzwischen 18. Dokumentarwerk basiert auf dem Prozessgeschehen um die Lieferung vom „Todesgas Zyklon B“ an die NS- Konzentrations- und Vernichtungslager durch eine Hamburger Firma und deren Beteiligung an den Verbrechen des Holocaust.
Im Hamburger Curiohaus begann am 18. März 1946 der erste Kriegsverbrecher-Prozess der britischen Militärregierung. Der Ankläger, Major Gerald Draper, trat im Gerichtssaal nach vorn und sagte:
„Es ist die Behauptung der Anklage, dass wissentlich eine Ware geliefert worden ist an ein staatliches Organ, das die Ware zur Massenvernichtung ziviler alliierter Staatsbürger verwendet hat, und die Leute, die das Mittel dazu lieferten, waren Kriegsverbrecher.“
Angeklagt waren die Inhaber der Hamburger Firma „Tesch & Strabenow, Internationale Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung“, Bruno Tesch, sein Prokurist Karl Weinbacher und der Begasungstechniker Joachim Drosihn. Es brauchte gerade mal sieben Verhandlungstage, um zweifelsfrei zu belegen: Die Hamburger Firma hat Zyklon B, ein blausäurehaltiges Schädlingsbekämpfungsmittel, an mehrere Konzentrationslager geliefert, darunter ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Und zwar mit dem Wissen, dass dadurch ein Massenmorden möglich wird. Dass es binnen zwei Minuten bei Menschen zum Erstickungstod führt, war den Angeklagten durchaus bewusst. Firmenmitarbeiter gaben sogar den SS-Leuten Seminare über die effektive Anwendung von Zyklon B. Die Hamburger Firma lieferte in Spitzenzeiten monatlich zwei Tonnen dieses tödlichen Giftes allein nach Ausschwitz-Birkenau. Mit dem Gas wurden während der NS-Zeit mehr als sechs Millionen Menschen vernichtet.
Das Militärgericht kam zu der Überzeugung, dass Tesch und Weinbacher das Gas in vollem Wissen geliefert hatten. Inhaber und Prokurist wurden zum Tode verurteilt, der Techniker freigesprochen.
Gelesen wurden Originaldokumente aus Prozessakten des insgesamt 500 Seiten starken englischen Protokolls. Bekannte Theaterschauspieler wie Isabella Vértes-Schütter (Sekretärin / Zeugin) und Erik Schäffler (Bruno Tesch / Angeklagter) ließen in ihren jeweiligen Rollen den Ablauf des Prozesses mehr als lebendig werden. Den Zuschauern wurde in solcher Weise die Tragweite des Handelns aller Beteiligten unmittelbar vor Augen geführt, dass bei fehlender Einsicht und Reue der Angeklagten nur die erschütternde Gewissheit über gewissenlose moralische Verfehlungen und von ihnen einkalkulierte verheerende Auswirkungen übrigblieb.
In diesem Sinne eindrucksvoll war zudem die Sonderausstellung in der Rathausdiele über den gesamten Verlauf der weiteren Curiohaus-Prozesse. Es fiel uns auf, dass eine konsequente Strafverfolgung von NS-Verbrechen gemäß des bisherigen Sonderstrafrechtes in der Bundesrepublik während der Folgejahrzehnte nicht stattfand. Unzählige Verfahren wurden eingestellt, viele Gerichte verhängten äußerst geringe Strafen.

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